Von: Michelle Simon


Vielleicht ist euch die Werbung schon aufgefallen – in diesem Jahr feiert die Stadt Marburg ihr 800jähriges Jubiläum. Wie häufig bei solchen Jubiläen ist es natürlich ein bisschen Zahlenschieberei, denn es haben bestimmt auch schon vor 850 Jahren Menschen hier gelebt und die Stadt wie es sie heute gibt, ist auch keine 800 Jahre alt. Aber wie legt man so etwas eigentlich fest? In diesem Fall ist es keine große Urkunde, kein glanzvoller Gründungsakt – in der Reinhardsbrunner Chronik fällt geradezu im Nebensatz der Hinweis, dass der thüringische Landgraf sich in einer Gerichtsverhandlung „cum burgensibus civitatis“ befindet. Das ist das erste Mal, dass Marburg in (erhaltenen) Schriften als „Stadt“ bezeichnet wird und darauf bezieht sich auch unser Stadtjubiläum 2022.
(Mehr dazu: https://www.marburg800.de/jubilaeum/marburg800.html)

Kurios wie es nur Marburg sein kann, dauert das Jubiläumsjahr auch nur wenige Wochen an. Feste Feiern, wie sie fallen, ist wohl in diesem Zusammenhang nicht angesagt. Tatsächlich ist aber schon seit Beginn 2021 einiges in der Mache, denn die Projekte sind vielfältig und kommen aus der Stadtbevölkerung selbst. Unter den Schlagworten Marburg erinnern – Marburg erleben – Marburg erfinden wird es so einiges geben – von 800 Narzissen, Objektgeschichte(n), Stadtführungen, dann ein Fotomobil, dass gleichzeitig Aufnahmen für den Deutschen Sprachatlas macht, Konzerte, Mitmachaktionen in der Oberstadt und eine Sperrung der Stadtautobahn für einen riesigen Buffettisch. Kann ja nicht sein, dass wir die Brüder Grimm einmal rauslassen und niemand einen „Tischlein, deck dich“-Witz macht.

Auch wir als Fachschaft sind nicht untätig. Unter der Leitung von Jana wurde zu Beginn des letzten Jahres ein Konzept ausgearbeitet, was nach wochenlangen Verzögerungen im Sommer dann auch endlich von der Stadt offiziell genehmigt und monetär gefördert wird. Was wir machen? Alles! Okay, nicht ganz. Aber eine ganze Menge. Natürlich bleiben wir fleißigen Schuster bei unseren Leisten (haha, Märchenanspielung, kann ich auch) und so lautet das Motto unseres Projekts

„Studierendengeschichte(n) –495 Jahre zwischen Stadt und Uni“.

Wie ihr seht, hätte uns ein Jubiläum 5 Jahre später besser gepasst, aber die Stadt hätte sich wahrscheinlich nicht auf „Marburg805“ eingelassen, nur damit unser Titel schmissiger wird. Ihr könnt uns inzwischen auch auf der offiziellen Webseite der Stadt finden (https://www.marburg800.de/projekte/studierendengeschichte-n.html), die Weiterleitung führt aktuell noch zu diesem Beitrag und nicht auf die Webseite des Projekts. Warum? Weil sie passend zu unseren Vorträgen online gehen soll, aktuell also noch hinter Passwörtern und Baustellenschildern versteckt ist. Letztere kennen wir ja alle aus der PhilFak. Aber Spaß beiseite, falls ihr eigentlich schon mal in die ersten Podcasts und Essays reinschnuppern wolltet – kommt bald! Wir werden es hier ankündigen und dann auch die Weiterleitung ausschalten, sodass ihr über die Seite der Stadt direkt am richtigen Ort landet. Aber eben wie mit all unseren Beitragenden zeitnah zum Veranstaltungsstart, nicht direkt Anfang des Jahres.
(Siehe oben: Jubiläumsjahre, die nur einige Wochen dauern und im März beginnen und so.)

Warum aber Studierendengeschichte(n)? Stecken wir nicht schon genug Zeit in die Uni? Vielleicht, aber wir glauben, dass wir Studierenden nicht aus Marburg wegzudenken sind – wir bevölkern die Vorlesungssäle und die Lahntreppen, wir tragen unser Geld fleißig in die Gastronomie und halten das Ordnungsamt mit Ruhestörungen am Wochenende auf Trab. Wir mieten auch die schlimmsten Bruchbuden, wir sprechen andere Dialekte, andere Sprachen, kommunizieren auch mal mit Händen und Füßen, kommen aus Mittelhessen, aus Deutschland und der Welt. Wir sind ein bunter Haufen. Wir sind die Aushilfen im Geschäft, die Jugendtrainer:innen im Verein, wir engagieren uns in Initiativen, wir betreuen Kinder, Senioren und führen Hunde Gassi, wir bleiben nur ein paar Semester oder ein ganzes Leben. Wir lernen, lehren, forschen und halten auf der dritten Seite der Lokalzeitung Urkunden hoch. Und wir sind ein Teil dieser Stadt seit bald 500 Jahren.


Man muss nicht Geschichte studieren, um zu wissen, dass in dieser Zeit so einiges passiert ist. Deswegen haben wir vorsichtig hier und da angefragt. Ob man Zeit für uns hätte. Ob man mit und über Studierende sprechen möchte. Und das Echo war gewaltig! Aus dem Vortrag wurde eine Vortragsreihe mit sechs Teilen, eine Publikation im Jahrbuch des Hessischen Landesgeschichte, Führungen durch die Stadt und den Karzer, ein Webauftritt mit noch mehr Studierendengeschichte(n), geschrieben und gesprochen. Und ich bin ehrlich, wir hätten selbst nicht ganz daran geglaubt. Die Pandemie hat uns allen einen Strich durch die Rechnung gemacht, private und universitäre Projekte mussten widerwillig auf die lange Bank geschoben werden, die Stimmung schwankte an so manchem Tag zwischen mittelgut und halb schlecht. Und dann eine Idee, ein bisschen Wahnwitz, ein bisschen „Naja, was sollen sie schon tun außer nein sagen?“ und jetzt haben wir eines der größten Projekte der Fachschaft seit Jahren vor uns. Es muss noch einiges organisiert werden, vom Sektempfang bis hin zum Werbedesign. Es werden noch dutzende Mails geschrieben
werden, noch lange Stunden im Discord verbracht und dabei hat 2022 noch nicht einmal richtig angefangen. Aber immer wieder werden wir davon überrascht, wie interessiert die Leute sind, wie viel auf einmal möglich ist. Und dafür sind wir sehr, sehr dankbar. Eine Aufzählung aller Beteiligten werdet ihr dann auf der Projektwebseite finden, all die helfenden Hände, klugen Köpfe und Wegbereiter:innen.


Hat das jetzt euer Interesse geweckt? Wollt ihr auch mitmachen oder einfach teilnehmen, sobald es so weit ist? Dann schaut euch doch mal auf Webseite der Stadt oder hier um, wo ihr auch schon die Titel der Vorträge und die wichtigsten Daten findet. Wir freuen uns auf euch. Egal ob als Zuhörer:innen in den Vorträgen, Teilnehmer:innen an den Führungen, Besucher:innen unseres Webauftritts oder sogar als helfende Hände wenn es an die konkrete Durchführung geht. Sprecht uns doch einfach mal an!